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Nr. 39
Mittwoch den 14. Juni 1882.
V. Jahrgang.
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Sadcblatt.
Karlsbader
Saison-Tagblatt.
(Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.)
Herausgeber: Ernest Franieck.
Redaktion und Administration
im Hause „Bellevue“, Stefanspromenade.
Inserate
werden nur gegen Vorauszahlung angenommen
und kostet die Aspaltige Petitzeile oder deren
Raum 6 kr. Pränumcrationen und Inserate
werden in der Administration dieses Blattes
und in der Ceihbibliothek „3 Lämmer“,
Markt, cutgegengenommen.
Politische Nachrichten.
Die Enthebung des Grafen Ignatiew ist
das Beste, was seit langer Zeit aus Rußland
gekommen ist. Vermuthlich hat eine ganze Reihe
von Gründen zusammengewirkt, sie herbeizuführen;
er hat nur auf einem Gebiete einen positiven
Erfolg aufzuweisen: unter seinem Regime hat kein
Attentat gegen den Czar stattgefunden, dafür hat er
den Panslavismus in seiner bedenklichsten Gestalt
gefördert und an seinen Namen klebt die Ver-
antwortung und die Schmach für die Judenhetzen
in Süd-Rußland. Sein Rücktritt nimmt einen Alp
von der Brust Mittel-Europas, die Beziehungen
Oesterreichs und Deutschlands zu Rußland können
wieder auf einen normalen Fuß gesetzt werden, auf
dem sie nicht waren und nicht sein konnten, so lange
Graf Ignatiew im Amte war. Sein Nachfolger,
Graf Tolstoi, der Präsident der Akademie der
Wissenschaft ist ein hochgebildeter Mann, aber ein
Reactionär und Absolutist, aber im altrussischen
Sinnn, kein Panslavist à' la Ignatiew. Er ist
vielfältig als Feind der Deutschen bezeichnet worden,
man darf indessen darauf nicht allzugroßes Gewicht
legen. In den letzten Jahren ist von Berlin aus
jeder russische Staatsmann, der nicht nach Bismark's
Pfeife tanzen wollte, als Deutschenfeind denuncirt
worden; ein Panslavist ist der neue Minister nicht
und irgendwelche anti-deutsche Handlung ist aus
seiner früheren ministeriellen Thätigkeit nicht bekannt
worden. — Der Bluttag von Alexandrien und der
Ministerwechsel in Petersburg dürften beide nach
einer Richtung wirken, nämlich die Großmächte
zum engeren Aneinanderschließen bewegen; zeigt der
erstere die Nothwendigkeit hievon, so gibt der letztere
die Möglichkeit.
Lokal- und Bädernachrichten.
(Kurfrequenz.) Der Fremdenzufluß hält sich un-
unterbrochen auf gleich großer Lebhaftigkeit. — Drei, auch
vier Nummern der Kurliste gelangen täglich zur Ausgabe,
so daß wir heute schon 147 Nummern zählen, welche bis
einschließlich 11. Juni 8620 Parteien mit 11260 Personen
ausweisen. — Am gleichen Tage des Vorjahres waren
7418 Parteien mit 9778 Personen verzeichnet, was ein Plus
zu Gunsten der diesjährigen Saison von 1172 Parteien
mit 1500 Personen nachweist.
(„Café Posthof. Konzert der Kurkapelle,)
Montag den 11. Juni, Nachm. 4 Uhr.“ So war es zu lesen
Morgens am Brunnen und illustre Namen wie Gade,
Wagner, Brahms, Rubinstein enthielt das Programm. Da
standen wieder musikalische Hochgenüsse in Aussicht. Gibt
es doch nichts Herrlicheres, als bei einer Tasse guten
Mocca, einer duftenden Havanna, bei sonnigem Frühlings-
wetter in den schönen Anlagen die von der Kurkapelle
meisterhaft exekutirten Schöpfungen unserer Musik-Heroen
anzuhören. Bei sonnigem Frühlingswetter? Ja was ist
denn das für ein Ding der Frühling? Ich fürchte gar,
es ist ein Unding. Frühling? Ach ja, ich erinnere mich;
es ist ein süßer Gegenstand freundlicher aber etwas dunkler
Rückerinnerung. Wir wissen Alle noch so ziemlich, wie er
da war, so heiter, so hell, so sonnig und wonnig, so blau
in blau wie jetzt so grau in grau, wir erinnern uns an
schöne lachende Fluren, die wohl auch noch lachend sind,
aber nur auslachend, daß wir es wagen, auf diesen nassen
Fluren uns einen gründlichen Schnupfen zu holen. —
Schöne Aussicht, wenn des Sommers Vorgänger sich so be-
nimmt, was haben wir dann von seinem Nachfolger zu erwarten?
Oder soll es unserer wackeren Kurkapelle auch im Sommer
mit ihren Posthof-Konzerten so ergehen, wie weiland Stuwer
in Wien, bei dessen Annoncen: „Sonntag Stuwer's Feuer-
werk im Prater“ die Wiener ausriefen: „Kinder, für Sonn-
tag hat da Stuwer sein Feuerwerk ang’schlag'n, da is nix
mit unserer Landpartie, da regn'ts“, denn thatsächlich kam
Stuwer nach dreimaligen Anonciren erst beim viertenmale
zum Abbrennen seines Feuerwerkes. Ebenso ging es jetzt
mit den Posthof-Konzerten, wo von den seit Anfangs Mai
stattgefundenen wegen des stets ungünftigen Wetters nur
drei im Freien stattfanden. Nun vertrösten wir uns auf
den Sommer, daß uns derselbe für die Unbilden des Früh-
lings durch seine schönsten Gaben glänzend entschädigen
werde, was wir und unserer fleißigen Kurkapelle von
Herzen wünischen.
(Gastspiele.) Der Komiker Herr Knaak eröffnet
morgen an unserem Sommertheater ein kurzes Gastspiel. Als
erste Vorstellung wird „Niniche“ gegeben. — Der Ölden-
burglsche Hofschauspieler Victor Grünberger, der gegen-
wärtig zum Besuche hier weilt, soll demnächst auch die
hiesige Bühne als Gast betreten, u. zw. wie wir vernehmen,
als „Dr. Klaus.“
(Marienbad.) Die Kurliste Marienbads meldet an
hervorragender Stelle als Kurgast Herrn Alexander Graf
von Tecklenburg, mit ihm Herrn Rudolf von Winterfeld,
kgl. preuß. Generalmnajor, und Herrn Richard Freiherrn
von Süßkind, kgl. preuß. Lieutenant und Adintant Seiner
Fenilleton.
„Im Sommer.“
Kolossal-Gemälde von Haus Makart.
Das Motiv dieses neuesten seit zwei Tagen
im Kurhause ausgestellten Bildes ist weder der Ge-
schichte, noch der Dichtung oder der Mythologie ent-
nommen. Inhalt und Gegenstand desselben sind
vielmehr Makart's ureigenstes Eigenthum, einzig
aus seiner künstlerischen Phantasie geschöpft. So
wenig wie der Gegenwart, gehört der Stoff der
Darstellung irgend einer bestimmten Epoche an,
wenn auch einige der versammelten schönen Frauen
Kostüme tragen, welche an Trachtschnitte des 16.
Jahrhunderts erinnern. Wir blicken in das mit
höchstem Cuxus und einer zugleich üppigen und
künstlerisch vornehmen Pracht ausgestattete Gemach
eines Park-Pavillons, welches sich unmittelbar auf
ein von Bähmen und Gebüschen umrahmtes und
durch sie halbverborgenes weites Wasserbassin öffnet.
Am heißen Sommerkag hat eine Gesellschaft von
jungen Frauen und Mädchen, Herrinnen des Parkes
und Gäste derselben, ihre nackten Glieder in jener stillen
Fluth gebadet und erfrischt. Nun ruht die Mehrzahl
von ihnen in dem kühlen Gemach in wohliger
Müdigkeit aus. Ein Paar hat sich am Schachspiel
niedergelassen, welches einige andere umstehen. Eine
liegt hingestreckt auf dem prächtigen Ruhebett in
einer Nische der Rückwand des Gemachs. Nur
einer der schönen Genossinnen umspielt die Fluth
noch die Kniee. Ihre Gestalt ist zum Theil in
eine Art Badegewand drapirt. Sie hält einen kleinen
nackten Buben, den sie gebadet hat, unter den
Armen und führt ihn so vor sich her, den Marmor-
stufen entgegen, die von dem Boden des Gemaches
hinabführen, während er mit dem erhobenen vor-
gestreckten Fuß in das Wasser patscht, daß es
schäumend aufspringt. Nahe dem Rande hockt dort,
dem Bübchen gegenüber, ein reizendes, bräunliches
Mädchen am Boden, auf die linke Hand gestützt,
von deren Arm ein fliederfarbig changirendes
Gewandstück herabsinkt. Der frische, jugendlich
blühende Körper dieses anmuthigen Kindes, welches
das hübsche Antlitz dem Knaben und dessen Führerin
zugewendet, ist mit ganz besonderer Sorgfalt studirt,
gezeichnet und im Ton wie in der törperlichen
Modellirung durchgeführt. Weiter zurück nach der
Tiefe des Raumes hin steht eine Blonde Frauen-
gestalt von reifer Formenfülle, vom Rücken sichtbar,
eben im Begriff, die letzte Hülle über das Haupt
hin abzustreifen, um in das Bad hinabzusteigen.
Bewundernswürdig ist dieser lebensgroße weibliche
Körper in seiner graziösen, schwungvollen Bewegung,
in der Ruhe gezeichnet und im vollen Licht fast
ohne Anwendung von Schatten, mit Ausnahme
jenes klaren Helldunkels, in welches der rechte
Oberschenkel getaucht erscheint, plastisch modellirt
vom Nacken bis zur Ferse. — Sie steht nahe dem
Kopfende des Lagers in jener hohen und breiten
Wandnische, deren Hintergrund ein Purpurvorhang
von tiefglühendem Ton bildet, welcher dort, mehr-
fach aufgenommen, in bauschigen Faltenmassen nieder-
wallt. Der vordere obere Abschluß dieser Nische
ruht auf einer broncenen leichten Säule mit reich
und luftig relifirtem Fuß und noch üppiger mit
plastischem Ornament und mit Putten=Figürchen
geschmückten Seitenarmen, welche von ihr unterhalb
ihres Kapitals ausgehen. In dieser Wandvertiefung
steht das Ruhebett, auf dessen Polstern ein schönes
rothgoldhaariges junges Weib seine fast gänzlich
unverhüllten schlanken Glieder dehnt. Hellfarbige
Schmetterlinge umgaukeln sie wie einen Blumen-
kelch. Sie streckt ihnen die linke Hand entgegen,
deren Arm sich leicht auf das etwas erhobene
linke Knie stützt, über welches eine schillernde licht-
violette Seidendecke geworfen ist, während das rechte
Bein bis zu der den Boden des Gemachs berühren-
den Fußspitze durch keine Draperie verborgen und
in elegantem Linienzuge, ununterbrochen, sich in seiner
schlanken Schönheit zeigt. Die ganze, auf den rech-
ten Ellenbogen gestützt ruhende Gestalt bildet in
ihrer Formengebung einen reizenden Gegensatz zu
jener andern, die nahe bei ihr dem Beschauer den
prangenden Rücken zukehrt. Sie zeigt jene Fein-
heit der Taille und jene Weite der Hüften, welche
die antike Kunst nie, die der Renaissance nur sehr
selten ihren weiblichen Gestalten verliehen, da sie
diese besonderen Eigenschaften kaum als wichtige
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