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Nr. 39 Mittwoch den 14. Juni 1882. V. Jahrgang. Saison-Abonnement: .......4 fl. — kr. Tür Karlsbad eland6 fl. — kr. eute12 Reichsmk. Monatl. Abonuement: Tür Karlsbad .. — fl. 90 kr. Einzelne Nummer 5 kr. Inserate übernehmen: Haajenstein &m Vogler, Aunoncenbureau in Wien, Prag, Hamburg, Lübeck, Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau, Köln, Frankfurt a. M., Stuttgart, Basel, St. Gallen, Zürth, Went und Jausanne Rndolf Mosse in Berlin, Breslau, Hamburg, Nürnberg, Wien, Prag, Frankfurt a. �., Leipzig, Stuttgart, Hallea. S.) München, Straßburg und Zürich. A. Oppelik, Wien und G. L. Daübe&'Comp' Frankfurt a. M. Sadcblatt. Karlsbader Saison-Tagblatt. (Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.) Herausgeber: Ernest Franieck. Redaktion und Administration im Hause „Bellevue“, Stefanspromenade. Inserate werden nur gegen Vorauszahlung angenommen und kostet die Aspaltige Petitzeile oder deren Raum 6 kr. Pränumcrationen und Inserate werden in der Administration dieses Blattes und in der Ceihbibliothek „3 Lämmer“, Markt, cutgegengenommen. Politische Nachrichten. Die Enthebung des Grafen Ignatiew ist das Beste, was seit langer Zeit aus Rußland gekommen ist. Vermuthlich hat eine ganze Reihe von Gründen zusammengewirkt, sie herbeizuführen; er hat nur auf einem Gebiete einen positiven Erfolg aufzuweisen: unter seinem Regime hat kein Attentat gegen den Czar stattgefunden, dafür hat er den Panslavismus in seiner bedenklichsten Gestalt gefördert und an seinen Namen klebt die Ver- antwortung und die Schmach für die Judenhetzen in Süd-Rußland. Sein Rücktritt nimmt einen Alp von der Brust Mittel-Europas, die Beziehungen Oesterreichs und Deutschlands zu Rußland können wieder auf einen normalen Fuß gesetzt werden, auf dem sie nicht waren und nicht sein konnten, so lange Graf Ignatiew im Amte war. Sein Nachfolger, Graf Tolstoi, der Präsident der Akademie der Wissenschaft ist ein hochgebildeter Mann, aber ein Reactionär und Absolutist, aber im altrussischen Sinnn, kein Panslavist à' la Ignatiew. Er ist vielfältig als Feind der Deutschen bezeichnet worden, man darf indessen darauf nicht allzugroßes Gewicht legen. In den letzten Jahren ist von Berlin aus jeder russische Staatsmann, der nicht nach Bismark's Pfeife tanzen wollte, als Deutschenfeind denuncirt worden; ein Panslavist ist der neue Minister nicht und irgendwelche anti-deutsche Handlung ist aus seiner früheren ministeriellen Thätigkeit nicht bekannt worden. — Der Bluttag von Alexandrien und der Ministerwechsel in Petersburg dürften beide nach einer Richtung wirken, nämlich die Großmächte zum engeren Aneinanderschließen bewegen; zeigt der erstere die Nothwendigkeit hievon, so gibt der letztere die Möglichkeit. Lokal- und Bädernachrichten. (Kurfrequenz.) Der Fremdenzufluß hält sich un- unterbrochen auf gleich großer Lebhaftigkeit. — Drei, auch vier Nummern der Kurliste gelangen täglich zur Ausgabe, so daß wir heute schon 147 Nummern zählen, welche bis einschließlich 11. Juni 8620 Parteien mit 11260 Personen ausweisen. — Am gleichen Tage des Vorjahres waren 7418 Parteien mit 9778 Personen verzeichnet, was ein Plus zu Gunsten der diesjährigen Saison von 1172 Parteien mit 1500 Personen nachweist. („Café Posthof. Konzert der Kurkapelle,) Montag den 11. Juni, Nachm. 4 Uhr.“ So war es zu lesen Morgens am Brunnen und illustre Namen wie Gade, Wagner, Brahms, Rubinstein enthielt das Programm. Da standen wieder musikalische Hochgenüsse in Aussicht. Gibt es doch nichts Herrlicheres, als bei einer Tasse guten Mocca, einer duftenden Havanna, bei sonnigem Frühlings- wetter in den schönen Anlagen die von der Kurkapelle meisterhaft exekutirten Schöpfungen unserer Musik-Heroen anzuhören. Bei sonnigem Frühlingswetter? Ja was ist denn das für ein Ding der Frühling? Ich fürchte gar, es ist ein Unding. Frühling? Ach ja, ich erinnere mich; es ist ein süßer Gegenstand freundlicher aber etwas dunkler Rückerinnerung. Wir wissen Alle noch so ziemlich, wie er da war, so heiter, so hell, so sonnig und wonnig, so blau in blau wie jetzt so grau in grau, wir erinnern uns an schöne lachende Fluren, die wohl auch noch lachend sind, aber nur auslachend, daß wir es wagen, auf diesen nassen Fluren uns einen gründlichen Schnupfen zu holen. — Schöne Aussicht, wenn des Sommers Vorgänger sich so be- nimmt, was haben wir dann von seinem Nachfolger zu erwarten? Oder soll es unserer wackeren Kurkapelle auch im Sommer mit ihren Posthof-Konzerten so ergehen, wie weiland Stuwer in Wien, bei dessen Annoncen: „Sonntag Stuwer's Feuer- werk im Prater“ die Wiener ausriefen: „Kinder, für Sonn- tag hat da Stuwer sein Feuerwerk ang’schlag'n, da is nix mit unserer Landpartie, da regn'ts“, denn thatsächlich kam Stuwer nach dreimaligen Anonciren erst beim viertenmale zum Abbrennen seines Feuerwerkes. Ebenso ging es jetzt mit den Posthof-Konzerten, wo von den seit Anfangs Mai stattgefundenen wegen des stets ungünftigen Wetters nur drei im Freien stattfanden. Nun vertrösten wir uns auf den Sommer, daß uns derselbe für die Unbilden des Früh- lings durch seine schönsten Gaben glänzend entschädigen werde, was wir und unserer fleißigen Kurkapelle von Herzen wünischen. (Gastspiele.) Der Komiker Herr Knaak eröffnet morgen an unserem Sommertheater ein kurzes Gastspiel. Als erste Vorstellung wird „Niniche“ gegeben. — Der Ölden- burglsche Hofschauspieler Victor Grünberger, der gegen- wärtig zum Besuche hier weilt, soll demnächst auch die hiesige Bühne als Gast betreten, u. zw. wie wir vernehmen, als „Dr. Klaus.“ (Marienbad.) Die Kurliste Marienbads meldet an hervorragender Stelle als Kurgast Herrn Alexander Graf von Tecklenburg, mit ihm Herrn Rudolf von Winterfeld, kgl. preuß. Generalmnajor, und Herrn Richard Freiherrn von Süßkind, kgl. preuß. Lieutenant und Adintant Seiner Fenilleton. „Im Sommer.“ Kolossal-Gemälde von Haus Makart. Das Motiv dieses neuesten seit zwei Tagen im Kurhause ausgestellten Bildes ist weder der Ge- schichte, noch der Dichtung oder der Mythologie ent- nommen. Inhalt und Gegenstand desselben sind vielmehr Makart's ureigenstes Eigenthum, einzig aus seiner künstlerischen Phantasie geschöpft. So wenig wie der Gegenwart, gehört der Stoff der Darstellung irgend einer bestimmten Epoche an, wenn auch einige der versammelten schönen Frauen Kostüme tragen, welche an Trachtschnitte des 16. Jahrhunderts erinnern. Wir blicken in das mit höchstem Cuxus und einer zugleich üppigen und künstlerisch vornehmen Pracht ausgestattete Gemach eines Park-Pavillons, welches sich unmittelbar auf ein von Bähmen und Gebüschen umrahmtes und durch sie halbverborgenes weites Wasserbassin öffnet. Am heißen Sommerkag hat eine Gesellschaft von jungen Frauen und Mädchen, Herrinnen des Parkes und Gäste derselben, ihre nackten Glieder in jener stillen Fluth gebadet und erfrischt. Nun ruht die Mehrzahl von ihnen in dem kühlen Gemach in wohliger Müdigkeit aus. Ein Paar hat sich am Schachspiel niedergelassen, welches einige andere umstehen. Eine liegt hingestreckt auf dem prächtigen Ruhebett in einer Nische der Rückwand des Gemachs. Nur einer der schönen Genossinnen umspielt die Fluth noch die Kniee. Ihre Gestalt ist zum Theil in eine Art Badegewand drapirt. Sie hält einen kleinen nackten Buben, den sie gebadet hat, unter den Armen und führt ihn so vor sich her, den Marmor- stufen entgegen, die von dem Boden des Gemaches hinabführen, während er mit dem erhobenen vor- gestreckten Fuß in das Wasser patscht, daß es schäumend aufspringt. Nahe dem Rande hockt dort, dem Bübchen gegenüber, ein reizendes, bräunliches Mädchen am Boden, auf die linke Hand gestützt, von deren Arm ein fliederfarbig changirendes Gewandstück herabsinkt. Der frische, jugendlich blühende Körper dieses anmuthigen Kindes, welches das hübsche Antlitz dem Knaben und dessen Führerin zugewendet, ist mit ganz besonderer Sorgfalt studirt, gezeichnet und im Ton wie in der törperlichen Modellirung durchgeführt. Weiter zurück nach der Tiefe des Raumes hin steht eine Blonde Frauen- gestalt von reifer Formenfülle, vom Rücken sichtbar, eben im Begriff, die letzte Hülle über das Haupt hin abzustreifen, um in das Bad hinabzusteigen. Bewundernswürdig ist dieser lebensgroße weibliche Körper in seiner graziösen, schwungvollen Bewegung, in der Ruhe gezeichnet und im vollen Licht fast ohne Anwendung von Schatten, mit Ausnahme jenes klaren Helldunkels, in welches der rechte Oberschenkel getaucht erscheint, plastisch modellirt vom Nacken bis zur Ferse. — Sie steht nahe dem Kopfende des Lagers in jener hohen und breiten Wandnische, deren Hintergrund ein Purpurvorhang von tiefglühendem Ton bildet, welcher dort, mehr- fach aufgenommen, in bauschigen Faltenmassen nieder- wallt. Der vordere obere Abschluß dieser Nische ruht auf einer broncenen leichten Säule mit reich und luftig relifirtem Fuß und noch üppiger mit plastischem Ornament und mit Putten=Figürchen geschmückten Seitenarmen, welche von ihr unterhalb ihres Kapitals ausgehen. In dieser Wandvertiefung steht das Ruhebett, auf dessen Polstern ein schönes rothgoldhaariges junges Weib seine fast gänzlich unverhüllten schlanken Glieder dehnt. Hellfarbige Schmetterlinge umgaukeln sie wie einen Blumen- kelch. Sie streckt ihnen die linke Hand entgegen, deren Arm sich leicht auf das etwas erhobene linke Knie stützt, über welches eine schillernde licht- violette Seidendecke geworfen ist, während das rechte Bein bis zu der den Boden des Gemachs berühren- den Fußspitze durch keine Draperie verborgen und in elegantem Linienzuge, ununterbrochen, sich in seiner schlanken Schönheit zeigt. Die ganze, auf den rech- ten Ellenbogen gestützt ruhende Gestalt bildet in ihrer Formengebung einen reizenden Gegensatz zu jener andern, die nahe bei ihr dem Beschauer den prangenden Rücken zukehrt. Sie zeigt jene Fein- heit der Taille und jene Weite der Hüften, welche die antike Kunst nie, die der Renaissance nur sehr selten ihren weiblichen Gestalten verliehen, da sie diese besonderen Eigenschaften kaum als wichtige
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